Freitag, 14. Oktober 2016

Jungfraumarathon


A. Fischer, August15: Andy als gestalterisches Element der Gesamtkomposition.
Am 21. Juli gelang mir der erfolgreiche Durchstieg von der Route „Jungfraumarathon“ in Gimmelwald. Es ist die dritte Begehung nach Simon Wandeler und Jonathan Siegrist. Maximalkraftausdauer und Körperspannung ist gefragt sowie der Wille trotz schwierigen Bedingungen immer wieder anzureisen. Dieses Projekt bestimmte ein grosser Teil meines Trainings während den vergangenen Wintermonaten. Dass diese Arbeit nun zu einem erfolgreichen Ende gekommen ist erfüllt mich mit Freude. Ein Bericht zu diesem Tag findet sich auf der Homepage von DMM: andy climbs 9a

Der Weg zu meiner ersten Route im Grad 9a dauerte eine Weile. Betrachte ich meine akribischen Aufzeichnungen komme ich seit dem Beginn im Jahre 2014 auf Rund 50 Tage in Gimmelwald mit 100 Durchstiegsversuchen.

Ein neuer Schwierigkeitsgrad ist immer auch mit einer mentalen Hürde verbunden...

Projekte am Limit bringen besondere Herausforderungen mit sich. Eine gute Mischung zwischen vorbereitenden Trainings und regelmässigen Versuchen in der Route ist schwierig zu finden. Oftmals spielen äussere Bedingungen wie das Wetter sowie die Motivation mit. Manchmal verlor auch ich den Antrieb weiterzumachen und an den Erfolg zu glauben. Obwohl es eine Frage der Zeit sein kann braucht es viel Wille an der Arbeit zu bleiben. Wenn ich Routen in ein paar Tagen klettere habe ich niemals diese Herausforderung. Schon die Tatsache ein ähnlicher Aufwand zu beginnen bringt wohl viele Kletterer davon ab.

Doch wo lag das entscheidende Detail für den Erfolg?

Was fehlte beim Scheitern im letzten Jahr?

Im Vorfeld wurde klar, dass ich weniger Zeit für das Felsklettern aufwenden kann als in den Jahren davor. Diesen Umstand nutze ich um noch bewusster die Trainings zu planen um die Stunden besser auszunutzen. Viele kurze Einheiten welche ich gezielt und regelmässig durchführte gehörten in den Plan. Zum Beispiel trainierte ich während drei Monaten ausschliesslich am Campusboard und boulderte an der Systemwand. Der Verzicht auf Klettertage am Fels brauchte ganz klar einiges an Überwindung.

Auf die ersten Versuche im Mai mit deutlich mehr Maximalkraft und Euphorie, folgte ein Rückschlag. Nach einer intensiven Woche schmerzte plötzlich das Ringband stark und war geschwollen. Die ersten Symptome ignorierte ich nach drei Tagen wieder. Ein Fehler den ich einige Monate spüren werde. Der Schmerz kam wieder, weshalb ich einen Monat nur mit hängender Handposition boulderte. Dies vor dem geplanten Peak im Juni. Nur wenig besserte sich der Finger. In Gimmelwald beschränkte ich mich auf einen Versuch im „Jungfraumarathon“ pro Tag. Ein Spiel mit dem Feuer. Zu Nahe war ich am Erfolg. Nur bei den Versuchen in diesem Projekt wagte ich meine linken Finger aufzustellen. Das Roulette-Spiel endete schliesslich glücklich. Ab dann vermied ich risikoreiche Fingerpositionen erneut. (Anmerkung: Nun, Beginn Oktober, spüre ich zum ersten Mal wieder keinen Schmerz. Das eine Überbelastung in den Fingern über vier Monate lang bestehen bleibt, ist für mich eine neue Erfahrung).

Was noch?

Mehr Maximalkraft zulasten der Ausdauer war ein bewusster Entscheid der sich auszahlte. Somit konnte ich die einzelnen Stellen mit mehr Reserve klettern. Im Gegenzug hatte ich nur ein bis zwei gute Versuche und es fehlte die Ausdauerfähigkeit.

Das Technikelement Sprung gehörte neu zum Wintertraining. Dies führte zu einem dynamischeren Kletterstil und auch mal zu einem „springenden Andy“.

Die Trainingsumstellung und der geringere Umfang führten auch zu rund zwei Kilo mehr Körpermasse als beim letzten Peak. Klar gehörte eine gezielte Ernährung weiterhin in den wichtigen Phasen dazu. Doch es musste nicht mehr die Perfektion sein. Ein Bier mehr oder Pizza mit allem durfte auch mal sein. Ein Peak-Gewicht wurde zur Nebensache.

Viele Erfahrungen und Kenntnisse über meinen Körper führten sicher zu einer guten Passung des Trainings und einer klugen Taktik bei den Versuchen.

Schliesslich konnte ich öfters mit einem anderen Blick auf das Klettern sehen und ich genoss die Tage am Fels umso mehr.

Danke an die Personen welche mich bei den sportlichen Plänen unterstützt haben und neben mir an den Erfolg glaubten!
D. Hulliger, Mai16: Andy in der Crux.
A. Fischer, August15: Andy in der Crux

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