Dienstag, 23. Juli 2013

Höhentraining Vol.II: 17.7.-22.7.2013


Retour au pays Brianconnais

Der Award zum schönsten Camp sei vergeben...
Traditionsbewusst wird der jährliche Sommerausflug durchgeführt. Dieses Jahr in einer etwas gekürzteren Ausgabe. Im OK vertreten sind Sämi aus dem BJ und Andy aus dem Seeland. Die üblichen Verdächtigen also. Da wir jedoch immer noch nicht verhaftet worden sind geht die Sache weiter.

Tag 1
Am ersten Tag zeige ich Sämi die Wand der brüllenden Wölfe bei Tournoux. Der Eintrittstest gelingt ihm unterstützt von meinem Coaching ohne Probleme. Im zweiten Rotpunktversuch zieht er den ersten Teil von „cost of freedom“ (8a). Da ich schon beinahe Local bin, versuche ich mich an „intime étrangère“ (8b+). Bei diesem Kraftausdauerproblem gilt es schnell voranzukommen. Leider scheitere ich nur äusserst knapp im dritten Versuch. Deshalb höre ich für heute auf und spare meine übrigen Kräfte. Im Camp zwingen uns dann aufkommende Regenschauer das Regendach zu installieren bevor wir gemütlich darunter essen können.

Tag 2
Lange bleibt die Feuchtigkeit im Vallée du Fournel hängen und die Sonne will die Wolkendecke nicht durchbrechen. Am Mittag geht es dann erneut nach Tournoux. Die Bedingungen sind alles andere als Ideal. Feucht und düppig ist die Luft. Bei meinen Versuchen in „intime étrangère“ (8b+) mache ich keine rechten Fortschritte. Sämi nutzt die hängenden Schlingen und versucht sich auch an den kräftigen Zügen. Wiederum setzt der Regen ein und wir kehren zurück ins Camp. Morgen werden wir uns einen Ruhetag gönnen und auf besseres Wetter hoffen.

Tag 4
Der nun wolkenlose Himmel lässt den gestrigen Regen schnell vergessen. Deshalb gehen wir bereits rechtzeitig motiviert an die schattigen Wände von Rue des Masques. Der Konglomeratfelsen scheint beliebt zu sein weshalb wir schon beim nachfüllen der Wasserflaschen am Brunnen anstehen müssen. Um uns an den Stilwechsel zu gewöhnen, klettern wir zwei lohnende Routen im Sektor petite lune. Für Sämi ist das Kletten im Konglomerat noch neu, doch es scheint ihm zu gefallen. Da ich immer noch Erkältet bin und mich träge fühle bin ich froh über das ausgiebige warm up.

Danach geht es weiter zum Sektor la truite wo bereits viel Betrieb ist. Sämi stürzt sich in „carosses et citrouilles“ (8a) und kämpft nicht nur mit den harten Zügen sondern auch gegen die Attacken von Schwalben. Diese fliegen heute oftmals haarscharf über die Köpfe, fauchen und lösen somit bei einigen Kletterern Unbehagen aus. Nachdem mir ein Franzose freundlicherweise die Expressen ausgetauscht hat, versuche ich „racing in the street“ (8b). Im ersten Rotpunktversuch geling mir dann der Durchstieg. Meine Schlingen lasse ich hängen da sogleich eine starke Russin trainingshalber durch die Route marschierte. Respekt! Unterdessen klettert die starke Ana aus Deutschland im zweiten Go durch „carosses et citrouilles“ (8a). Es herrscht ein wenig Weltcupstimmung abseits des kommenden Finales in Briancon. Das Mädel erwartet dann einen Flash-Durchstieg und sagt: „Hau rein!“. Die Vorgabe ist klar und die Motivation hoch. Mithilfe der Lösungen von Sämi ziehe ich dann mit einem riesigen Kampf durch „carosses et citrouilles“ (8a) im Flash, yeah! Es scheint eine der lohnendsten Routen des Gebietes zu sein. Ein kühles Bier sei nun verdient und der Abend klingt am gemütlichen Feuer aus.

Soirée tranquille...


Tag 5
Beim Kaffee stellen wir die Taktik für die letzten beiden Tage auf. Heute ist Sämi am Zug und ich werde ihn sichern sowie mit Allez-Rufen beschallen. Die physische Kletterei in Rue des Masques fordert ihn stark. Leider bleibt ihm der Durchstieg von „carosses et citrouilles“ (8a) verwehrt. Schade! Am Ende verbraucht er die letzte Kraft beim erfolgreichen Onsight Versuch in „le cauchemard du boudin percé“ (7b+). Nun reisen wir zurück Richtung Tournoux. Schliesslich bleibt dort noch eine Rechnung offen. Am heutigen Abend zeigt sich der Mond stark und voll. Ob morgen die Wölfe brüllen werden?

Sämi der Holzträger...

Couche soleil au Col...

Tag 6
Früh zeigt sich die Sonne am Col de la Pousterle. Zusammen mit der perfekten Aussicht schmeckt der Kaffee hier am besten. Leider fühlt sich mein Hals heute keineswegs besser an weshalb ich noch nicht richtig an die gewünschte Kraft glaube. Nach einem erneuten Ausbouldern in der Route bin ich beim ersten Versuch noch nicht genügend warm, falle ab und reisse mir bei einem schmerzhaften Knieklemmer die Haut auf. Mist! Mit blutigen Knien setze ich eine Stunde später zu einem weiteren Versuch an. Kämpfte mit der schwindenden Kraft, einer verstopften Nase doch erreichte dann glücklich den Umlenker. Nach dem Durchstieg von „intime étrangère“ (8b+) fühle ich mich erleichtert, jedoch zerstört. Ganz kann ich es aber nicht lassen und steige „en mettant les paires“ zum Ausklettern durch „loups hurlants“ (8a+). Ein schöner Ausklang. Jetzt ist auch Kathy angekommen welche am Weltcup eine starke Leistung gezeigt hatte. Eindrücklich ist der Onsight Versuch in „cost of freedom“ (8a). Nur knapp scheitert sie am letzten schweren Zug. Da staunen wir schwachen Buben. 

Nun müssen wir wieder aufbrechen Richtung Schweiz. Eine mühsame Überraschung erhalten wir dann am Parkplatz. Die Handbremse ist total verklemmt weshalb die Abfahrt verunmöglicht wird. Nach einer Stunde vollen Einsatz durch Sämi mit Beil und Schraubschlüssel löst sich die Bremsbacke dann doch noch. Erleichtert fahren wir los. „Das sei besser als 8b zu klettern“, meint Sämi. Damit hat er völlig Recht und Jubelrufe schallen in die Weite. Die Fahrt wird weiter durch Hagelgewitter, immensem Regen und ängstlichen Wohnmobilefahrern erschwert.

Montag, 8. Juli 2013

Höhentraining Vol.I: 1.7.-7.7.2013


Val Durance et Queyras

Queyras

Die wärmende Morgensonne lässt meinen Körper wach werden. Mit dem Rauschen des Baches fliessen viele Gedanken durch meinen Kopf und beginnen diesen zu verlassen. Hier in einem Seitental unweit von L’Argentière la Bessée komme ich langsam zur Ruhe. Vier Wochen lang war jeder Tag genau geplant und durchwegs strukturiert. Die lange Peak-Phase bestand aus Prüfungsterminen, zu erledigenden Arbeiten, Wettkämpfen und einer Ausbildung. Anhaltender Stress belastete mich zunehmend. Die therapeutische Antwort ist ein spontaner Ausflug nach Frankreich. Dafür war Tonin schnell zu motivieren weshalb wir nun in der Region um Briancon angekommen sind. Ein alpines Ambiente und das ewige Rauschen der Bergbäche prägen die Stimmung. Mit jeder Minute rückt der Alltag weiter aus dem Bewusstsein.

Tag 1
Wir besuchen  den Sektor Rocher des Brumes welcher ich bereits aus dem letzten Jahr kenne. Hier treffen wir auf nette und gesprächige Kletterer aus der Region. Ideal um an einige Informationen zu den aktuellen Bedingungen zu gelangen. Das Gewöhnen an die steile Kletterei braucht noch seine Zeit weshalb wir beide an diesem Tag erfolglos bleiben, jedoch müde und zufrieden ins Camp zurückkehren.

Tag 2
Gerüchte über das neue Ceuse prägen den heutigen Plan. Deshalb reisen wir südwärts Richtung Queyras wo sich der Sektor la Saume befinden soll. Die Anmerkung dass die Zufahrtsstrasse nicht sehr gut sei bestätigt sich bald. Also sind entweder 4x4 Fahrzeuge oder starke Beine gefragt. Da Tonin’s bagnole arg am Limit läuft, verlängern wir deshalb den Fussmarsch. Eine gute 1 1/4h später erreichen wir den Wandfuss wo  der Höhenmesser 2100m anzeigt. Schneeresten und Wind versprechen beste Bedingungen. In der leicht überhängenden Wand mit griffigem Kalk müssen wir uns geschickt  bewegen. Die „petite danseuse“ (8a+) folgt meiner Einladung und nach einer Übungsstunde tanze ich bereits im ersten Rotpunktversuch ohne Fehler. Unterdessen versucht Tonin eine namenlose 8a. Sicher klettert er im zweiten Versuch zum Umlenker. Da der Einstieg seine Tücken hat, benötige ich für diese Route auch einen zweiten Versuch. Der Wanderausflug lohnt sich doch weshalb wir glücklich den Abstieg bestreiten.

Siesta nach dem Zustieg...



Tonin vor der imposanten Wand...


Tag 4
Dank des gestrigen Nachtspaziergangs wissen wir nun dass die kleine Holzbrücke vom Bach komplett zerstört wurde. Da sich zudem unsere Motivation für die kurzen Routen von Entraygues in Grenzen hält, schmieden wir einen neuen Plan. Gegen Mittag begeben wir uns dann Richtung Col de la Pousterle. Eine Kuhherde hat die gleiche Idee weshalb wir eine weitere Kaffeepause einlegen. Auf der Passhöhe angekommen suchen wir die schattigen Wände von Tournoux. Die Einstiege befinden sich auf einer Felsterasse und die Routen bieten viel Luft. Tonin versucht kurz „la voie du coeur“ (7c+). Die riesigen Blöcke welche mit Sika unterstützt sind, schrecken ihn dann aber ab. Wie gewohnt entscheide ich mich mal wieder für die längste Route und arbeitete mich die 40m von „cost of freedom“ (8b) hoch. Auf den ersten sehr athletischen Teil welcher bereits einen Stand hat, folgt eine anspruchsvolle Platte bevor nochmals ein luftiger Überhang die Nerven und Arme strapaziert. Im ersten Rotpunktversuch klinkte ich erfolgreich den Umlenker und freue mich über das riesige Pendel beim Ablassen. Das reicht für heute. Am Parkplatz geniessen wir die perfekte Aussicht. Nun begeben wir uns wieder ins Vallée du Fournel wo bereits der uns bekannte Biwakplatz wartet. Hier geniessen wir die Ruhe und dank des frischen Bachs ein kühles Bier.

Andy sucht...

 
Tonin puis sa bagnol bien sympa...
Tag 5
Die Tage werden allmählich wärmer. Beeilen müssen wir uns deshalb nicht da der Sektor Rocher des Brumes erst am Nachmittag im Schatten liegt. Taktisch geschickt hat sich Tonin gestern ein wenig geschont und zeigt heute eine gute Form. Im zweiten Versuch klettert er zu Beginn die stark versinterte „a titouan„ (7c). Ein Versuch genügte dann um die spektakuläre „espoir karsherisé“ (8a) durchzusteigen. Gegen Abend scheitert er beim Onsightversuch denkbar knapp an einer namenlosen (7c). Leider geht es bei mir nicht annähernd so locker. In der Route „le croix de toulouse“ (8b) scheitere ich gleich mehrmals an der anspruchsvollen Crux.

Tag 6
Am letzten Tag entscheiden wir uns nochmals für die nordseitige Wand von Tournoux. Die Fingerkuppen sind bereits rosarot und die Arme nicht mehr ganz so frisch. Heute klettere ich im ersten Rotpunktversuch die athletische „beauté de chine“ (8a+) und Tonin versucht sich am ersten Teil von „cost of freedom“.  Weil noch ein wenig Zeit bleibt steige ich in die Route „loups hurlants“ (8a+) ein. Das Finden der Lösungen braucht viel Kraft weshalb ich trotzt Wolfsgeschrei im folgenden Versuch knapp scheitere. Zurück an der Sonne geniessen wir einen Kaffee vor der kommenden Heimreise.


Es bleiben eine reichlich hohe Anzahl an Hämoglobin, etwas für die Routensammlung, müde Arme und Beine, rote Fingerkuppen sowie einige Projekte...