Val Durance et Queyras
Queyras |
Die wärmende Morgensonne lässt meinen Körper wach werden.
Mit dem Rauschen des Baches fliessen viele Gedanken durch meinen Kopf und
beginnen diesen zu verlassen. Hier in einem Seitental unweit von L’Argentière
la Bessée komme ich langsam zur Ruhe. Vier Wochen lang war jeder Tag genau
geplant und durchwegs strukturiert. Die lange Peak-Phase bestand aus
Prüfungsterminen, zu erledigenden Arbeiten, Wettkämpfen und einer Ausbildung.
Anhaltender Stress belastete mich zunehmend. Die therapeutische Antwort ist ein
spontaner Ausflug nach Frankreich. Dafür war Tonin schnell zu motivieren
weshalb wir nun in der Region um Briancon angekommen sind. Ein alpines Ambiente
und das ewige Rauschen der Bergbäche prägen die Stimmung. Mit jeder Minute
rückt der Alltag weiter aus dem Bewusstsein.
Tag 1
Wir besuchen
den Sektor Rocher des Brumes welcher ich bereits aus dem letzten Jahr
kenne. Hier treffen wir auf nette und gesprächige Kletterer aus der Region.
Ideal um an einige Informationen zu den aktuellen Bedingungen zu gelangen. Das
Gewöhnen an die steile Kletterei braucht noch seine Zeit weshalb wir beide an
diesem Tag erfolglos bleiben, jedoch müde und zufrieden ins Camp zurückkehren.
Tag 2
Gerüchte über das neue Ceuse prägen den heutigen
Plan. Deshalb reisen wir südwärts Richtung Queyras wo sich der Sektor la Saume
befinden soll. Die Anmerkung dass die Zufahrtsstrasse nicht sehr gut sei
bestätigt sich bald. Also sind entweder 4x4 Fahrzeuge oder starke Beine gefragt.
Da Tonin’s bagnole arg am Limit läuft, verlängern wir deshalb den Fussmarsch.
Eine gute 1 1/4h später erreichen wir den Wandfuss wo der Höhenmesser 2100m anzeigt. Schneeresten
und Wind versprechen beste Bedingungen. In der leicht überhängenden Wand mit
griffigem Kalk müssen wir uns geschickt
bewegen. Die „petite danseuse“ (8a+) folgt meiner Einladung und nach
einer Übungsstunde tanze ich bereits im ersten Rotpunktversuch ohne Fehler.
Unterdessen versucht Tonin eine namenlose 8a. Sicher klettert er im zweiten
Versuch zum Umlenker. Da der Einstieg seine Tücken hat, benötige ich für diese
Route auch einen zweiten Versuch. Der Wanderausflug lohnt sich doch weshalb wir
glücklich den Abstieg bestreiten.
Siesta nach dem Zustieg... |
Tonin vor der imposanten Wand... |
Tag 4
Dank des gestrigen Nachtspaziergangs wissen wir nun
dass die kleine Holzbrücke vom Bach komplett zerstört wurde. Da sich zudem
unsere Motivation für die kurzen Routen von Entraygues in Grenzen hält,
schmieden wir einen neuen Plan. Gegen Mittag begeben wir uns dann Richtung Col
de la Pousterle. Eine Kuhherde hat die gleiche Idee weshalb wir eine weitere
Kaffeepause einlegen. Auf der Passhöhe angekommen suchen wir die schattigen
Wände von Tournoux. Die Einstiege befinden sich auf einer Felsterasse und die
Routen bieten viel Luft. Tonin versucht kurz „la voie du coeur“ (7c+). Die
riesigen Blöcke welche mit Sika unterstützt sind, schrecken ihn dann aber ab.
Wie gewohnt entscheide ich mich mal wieder für die längste Route und arbeitete
mich die 40m von „cost of freedom“ (8b) hoch. Auf den ersten sehr athletischen
Teil welcher bereits einen Stand hat, folgt eine anspruchsvolle Platte bevor
nochmals ein luftiger Überhang die Nerven und Arme strapaziert. Im ersten
Rotpunktversuch klinkte ich erfolgreich den Umlenker und freue mich über das
riesige Pendel beim Ablassen. Das reicht für heute. Am Parkplatz geniessen wir
die perfekte Aussicht. Nun begeben wir uns wieder ins Vallée du Fournel wo
bereits der uns bekannte Biwakplatz wartet. Hier geniessen wir die Ruhe und
dank des frischen Bachs ein kühles Bier.
Andy sucht... |
Tag 5
Die Tage werden allmählich wärmer. Beeilen müssen wir
uns deshalb nicht da der Sektor Rocher des Brumes erst am Nachmittag im
Schatten liegt. Taktisch geschickt hat sich Tonin gestern ein wenig geschont
und zeigt heute eine gute Form. Im zweiten Versuch klettert er zu Beginn die
stark versinterte „a titouan„ (7c). Ein Versuch genügte dann um die
spektakuläre „espoir karsherisé“ (8a) durchzusteigen. Gegen Abend scheitert er
beim Onsightversuch denkbar knapp an einer namenlosen (7c). Leider geht es bei
mir nicht annähernd so locker. In der Route „le croix de toulouse“ (8b)
scheitere ich gleich mehrmals an der anspruchsvollen Crux.
Tag 6
Am letzten Tag entscheiden wir uns nochmals für die
nordseitige Wand von Tournoux. Die Fingerkuppen sind bereits rosarot und die
Arme nicht mehr ganz so frisch. Heute klettere ich im ersten Rotpunktversuch
die athletische „beauté de chine“ (8a+) und Tonin versucht sich am ersten Teil
von „cost of freedom“. Weil noch ein
wenig Zeit bleibt steige ich in die Route „loups hurlants“ (8a+) ein. Das
Finden der Lösungen braucht viel Kraft weshalb ich trotzt Wolfsgeschrei im
folgenden Versuch knapp scheitere. Zurück an der Sonne geniessen wir einen
Kaffee vor der kommenden Heimreise.
Es bleiben eine reichlich hohe Anzahl an Hämoglobin, etwas
für die Routensammlung, müde Arme und Beine, rote Fingerkuppen sowie einige
Projekte...
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