Sonnenuntergang im Camp! |
Der Oktober zeigt sein gewohntes Gesicht. Flach steht die
Sonne und kurz werden die zunehmend trüben Tage. Der übliche Ansturm in die
heimischen Gebiete steht an. Doch schon zu oft habe ich diese besucht weshalb
ich in Gedanken schwebe...
„Spick mi furt vo hie...“. Diesen Satz höre ich im Radio.
Schön wäre es... Doch dafür braucht es einen Gefährten. Ist da nicht seit
kurzem der waise Uli dem Nomadentum verfallen? Auf meine Anfrage zeigt er sich
bereit mich als Knecht aufzunehmen.
Um fünf Uhr beginnt meine Reise an diesem trüben
Samstagmorgen. Der Fahrplan ist verlässlich weshalb ich bereits um zwei Uhr in
Reus ankomme. Pünktlich ist auch Uli angereist. 25 Grad und Sonne lassen nun
Ferienstimmung aufkommen. Bald erreichen wir dann Margalef wo sogar noch Zeit
für ein Apéro im Dorf bleibt.
Frühling? |
Tag 1
Auf die sternenklare Nacht folgt ein sonniger Tag. Um den
riesigen Ansturm an Leuten auszuweichen, besuchen wir die Sektoren La Catedral
und Raco de la Coma Closa. Nach einem ersten Gewöhnen an die Fingerlöcher versuche
ich „la perla“ (8b+). An den flachen Sinterstrukturen rutschte ich mehrmals ab.
Untypische Kletterei und definitiv kein Ferienspaziergang. Es bleibt noch Zeit
weshalb wir in die Cova Soleiada wechseln. Dort habe Uli vor einiger Zeit
bereits eine lohnende Route probiert.
Unbekannter Climber in la perla... |
Tag 2
Nun geht’s heute direkt an die Cova Soleiada. Mit
stürmischem Wind und einigen Regentropfen fühlt sich die warme Luft frischer
an. Die Route „esau directa“ (8a+) ist abwechslungsreich und gelingt mir im
dritten Versuch. Schon vielversprechend sind die Versuche von Uli in „doctor
feelgood“ (8a), jedoch noch nicht erfolgreich. Dem Training entsprechend steige
ich dann in die maximalkräftige „mistic“ (8b+) ein. Mit müden Bändern und
bluteten Fingern endet dann die Sache.
Tag 4
Die Suche nach schattigen Wänden führt uns an den Raco de la
Finestra wo imposante Überhänge zu finden sind. Eine schöne Linie, die „via del
quim“ (8b+), welche durch eine blaue Wand führt. So versuchte ich mich an den
anstrengenden Zügen. Derweilen versucht Uli „festa forte“ (7c). Am Ende des
Tages klettere ich noch im Flash durch „festa forte“ (7c) um mich von deren
Qualität zu überzeugen.
Tag 5
Nochmals versuche ich mich an der Route „via del quim“
(8b+). Erste Fortschritte zeigen sich wobei diese noch nicht ausreichen um die
Crux zu überwinden. Ordentlich müde muss ich dann aufgeben. Die Idee nach
dieser Belastung für einen Flash-Versuch in „el fustigador“ (8a+) einzusteigen,
ist blödsinnig und endet mit einer riesigen Sammelstelle für Laktat. Ein nächster
Ruhetag ist nun zwingend und wird wie gewohnt durch ein gemütliches Dinner
eingeleitet.
Schön ist es im Camp! |
Tag 6
Eigentlich ein Ruhetag, oder doch nicht?
Beim Einkauf in
Lleida suchen Uli und ich nach einer Gaskartusche. Denn diese droht bald leer
zu sein. Das herumirren will nicht enden und dauert den ganzen Nachmittag. Mit
super Spanisch-Kenntnissen (Ironie?) sowie Handsprache versuchen wir
Informationen zu erhalten. Erst bei Dämmerung finden wir den Laden Alberto
Soler welcher tatsächlich das gewünschte Produkt führt. Scheinbar der einzige
weit und breit. Nach dieser Nervenprobe schlafen wir bald und tief.
Anmerkung:
Später konnten wir die Reserve-Gasflasche gewinnbringend an eine Crew verkaufen
welche ihrerseits vergebens gesucht hatte. Unsere Kenntnisse bleiben natürlich
strengstens geheim. So geht das!
So sollten Ruhetag sein, oder? |
Tag 7
Wegen der starken Bewölkung am Morgen ändern wir spontan
unseren Plan. Es könnte sich die Möglichkeit bieten an der Südwand des Raco de
les Espadelles zu klettern. Dieser Sektor gefällt uns weshalb die Euphorie steigt.
Am Mittag verschwinden dann aber die letzten Wolken und es wird extrem warm.
Falsch gepokert! Es ist nun Siesta an der prallen Sonne angesagt. Erst eine
halbe Stunde vor Sonnenuntergang kommt erneut Schatten. Doch die Kraft scheint
schon aufgebraucht weshalb die Erfolge ausbleiben. Ganz knapp fällt Uli in
„malasombra“ (7c+) und ich kämpfte mit der Crux von „batuka“ (8b).
Kein Schatten in Sichtweite... |
Tag 9
Die Temperaturen sind immer noch recht hoch. Deshalb
schwitze ich bei den Versuchen in „via del quim“ (8b+) recht ordentlich. Es
gelingt mir dabei einfach nicht die Crux zu überwinden. Unterdessen zeigen sich
auf meinen Fingern schon ordentliche Gebrauchsspuren. Zum Abschluss klettere
ich noch im Flash durch die geniale „la corva de la felicitat“ (7c). Zuvor
scheiterte Uli nur knapp am letzten Zug in dieser Route.
Tag 10
Die Entscheidung mehrere Sektoren zu besuchen endet schon
bald in einer ausgiebigen Wanderung durch überwachsene Pfade. So landen wir am
Culample4 wo es geniale Routen im siebten Grad gibt. Die 30 Meter der Route
„fanatic“ (7a+) lösen bei mir viel Begeisterung aus. Einfach schön! Dann suchen
wir den abgelegenen Ort El Purgatori. Dort versuche ich mich an der Route „el
luchador“ (8a+/b). Speziell ist dass diese aus dem ersten Bolt startet. Nach
einer Sinterfahne folgt abwechslungsreiche Wandkletterei. Insgesamt rund 35
Meter. Schliesslich fehlt mir dann ein wenig Geduld und ein Zug um die Crux zu
überwinden. Schade! Am heutigen Tag schont sich Uli. Ob die Taktik aufgehen
wird?
Siesta am El Purgatori... |
Nach einem entspannten Ruhetag ist heute Uli an der Reihe.
Bei den nun etwas tieferen Temperaturen wird die Aufwärmphase ausgedehnt bevor
wir an die Cova Soleiada wechseln. Dann zieht Uli solide durch die Route
„doctor feelgood“ (8a). Die Erleichterung ist spürbar. Dank seinen Tipps kann
ich diese Ausdauerroute sogleich im Flash durchsteigen. Mehr Mühe habe ich dann
mit der Einzelstelle von „anakoreta“ (8a+) welche nicht gelingen möchte.
Tag 13
Die kühle Luft lässt den Körper nur langsam wärmen. Deshalb
entscheiden wir uns am letzten Tag für die sonnige Wand des Raco de les Espadelles.
Die kleinen Löcher von „batuka“ (8b) sind durch die Sonne
ordentlich rutschig geworden. Eigentlich sind Versuche zu diesen Bedingungen
sinnlos. Dennoch nutze ich diese letzte Möglichkeit. Im dritten Versuch kämpfe
ich mich durch die Crux und finde mich schwitzend am Ruhepunkt. Weiter geht’s
durch die abschliessende Wand. Beim letzten Bolt geschieht mir dann ein Fehler
und ich falle weit ab. Wegen diesem zermürbenden Versuch sehe ich von einem
weiteren Ansturm ab. Um meine Kraftreserven endgültig aufzubrauchen steige ich
in die Sinterroute „ximpleta“ (8a) ein welche ich im zweiten Go klettern kann.
Uli versucht sich an transilvania... |
Tag 14
Um halb sechs Uhr morgens verlasse ich zusammen mit Uli das
Camp in Margalef, begleitet von ersten Schneeflocken und mit müden Unterarmen.
Gegen Mittag stehe ich in Barcelona im Gewitterregen. Erst im Flieger sehe ich
heute die Sonne bevor ich wieder in die Wolkendecke hinabsinke und Zuhause
ankomme. Erwartet von kühlem Ostwind und Hochnebel.
Fazit
Der Vitamin D Tank wurde während zwei Wochen gefüllt und
lässt die nun trüben Tage in der Schweiz überstehen wo scheinbar der Winter
einzukehren droht…
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