In einem verschlafenen Dorf suchten wir 12 Tage lang aussichtslos
nach einem Auto und trockenen Routen. Danach kriegten wir kalte Füsse und
kehrten zurück. Doch wie kam es soweit?
In meinem Kopf schlummerte der Gedanke einen Trip ins
Ausland zu planen. Ein letztes Mal in diesem Jahr um dem nahenden Winter zu
entfliehen. Gerade in diesem Moment erhielt ich einen Anruf von Jonas. Spontan
hätte er Zeit um eine kleine Reise zu starten. Bald war ein Ziel gefunden und
die Vorfreude stieg stetig an. Vielleicht zeigte sich sogar ein wenig
Reisefieber. Denn ausgerechnet ein paar Tage vor dem geplanten Abflug packte
mich doch noch eine Erkältung welche bereits seit einigen Wochen in den Studiengebäuden
herumirrt. Am 15. November ging es meiner Öko-Bilanz schliesslich an den
Kragen. Der Flug nach Barcelona waren meine ersten mit Kerosin betriebenen
Reisemeter.
Abenteuer resultiert aus Plänen welche sich an Ort und
Stelle in Luft auflösen.
Dort standen wir plötzlich und wussten nicht mehr wie
weiter. In der Wartehalle des Flughafens von Barcelona. Wegen einer falschen
Annahme konnte die Dame am Schalter den Mietwagen nicht aushändigen obwohl
dieser schon bezahlt war. Mit der ausführenden Hand von Vorschriften
verhandelten wir ohne Erfolg. Fakt ist, dass es in Spanien kein Auto ohne persönliche
Kreditkarte gibt und eine solche haben weder Jonas noch ich. Eine Tatsache
welche uns nicht wirklich weiter half. Ziemlich müde suchten wir eine Unterkunft
im nahen Stadtgebiet. Dort musste ein neuer Plan geschmiedet werden.
Lost in Barcelona day two:
Bereits um sechs Uhr sind wir zu
unserer Reise aufgebrochen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sollte es
weitergehen. Die dreistündige Busfahrt endete dann in Barbastro. Der letzten
grösseren Ortschaft. Nun ging es nur mit dem Taxi weiter. Dank unseren
miserablen Sprachkenntnissen eine weitere Challenge auf diesem Weg. Im nahen
Supermarkt füllten wir das Taxi mit ordentlich viel Proviant bevor der Fahrer
gekonnt in Rekordzeit nach Rodellar heizte. Dort endet die kurvige Strasse.
Endstation. Ein abgelegenes Dorf welches sich in einer malerischen Landschaft
befindet. Unter der wärmenden Mittagssonne sassen wir nun mitten im Dorf mit
zwei Rucksäcken, zwei Reisetaschen und mehreren vollen Plastiktüten. Im Refugio
Kalandraka wurden wir dann herzlich empfangen. Da sind wir also. Verloren in
Rodellar. Der Nachmittag reichte dann noch aus um die zerstreuten Zustiege
ausfindig zu machen. Danach freuten wir uns auf eine erholsame Nacht.
Das Leben in Rodellar:
Wieso waren wir eigentlich hier? Ach ja, zum Klettern. Am nächsten
Tag versuchten wir uns ein erstes Mal an den weltberühmten Dächern. Mancherorts
konnte aber leider problemlos unter dem tropfenden und versinterten Kalk
geduscht werden.
Am zweiten Tag waren sogar noch andere Leute anwesend. Da
ein Kletterer der österreichischen Crew sein Projekt durchgestiegen hatte, gab
es am Abend eine Runde Bier spendiert. Mit hohem Anfängerglück konnten wir dann
die angetrunkenen Österreicher im Billard bezwingen.
Am dritten Klettertag versuchten wir uns im Sektor Gran
Boveda. Weil die eindrücklichen Linien stark tropften, suchten wir im linken
Teil nach trockenen Abschnitten. Das kurze Dach von „el salto del angel“ forderte
bei den Versuchen von Jonas kreative Lösungen. Daneben kämpfte ich in „la
kanabica“ (8b) mit nassen Sintern und einem fiesen Abschluss. Im dritten
Versuch konnte ich dann den Umlenker klippen.
Die ausgesetzte Terasse von La Palomera bietet kürzere
Routen welche jedoch trocken schienen. Am Vorabend rätselten wir noch über den
Namen „chuchills for your finguers“ (8a+). Die Antwort kam prompt. Denn die
Crux führt über sehr agressive und wasserzerfressene Sinterstrukturen. Aua!
Zwei Versuche benötigten Jonas und Ich für die maximalkräftige Route. Nun
folgten wir der Melodie von Manu Chao. Der gelbe Fels von „welcome to tijuana“
war trocken und die Route heftig kurz. Eine gute Möglichkeit sich auszupowern.
Scheinbar spazierte bereits das Kletter-Barbie mit einem Lächeln durch diesen Überhang.
Wieder einmal sind wir also zu schwach oder haben schlichtweg die falsche
Lieblingsfarbe. Aber wer klein und leicht ist kann sich leicht Leisten
leisten. Oder nicht?
Novemberwetter... |
Es war deutlich spürbar dass wir uns schon im späten
November befinden. Am Morgen blieb es lange sehr kühl und die Sonne wärmte nur
schwach. Das Programm für den heutigen Ruhetag stand bald fest. Die Reise an
den schönsten Ort von Rodellar sollte ideal für die aktive Erholung sein. Denn
um zum Sektor Piscinetta zu gelangen gibt der Führer etwa 1h15min. an. Über
eine langgezogene Krete erreichten wir eine Hochebene von der wir eine herrliche Aussicht genossen. Über diese
Ebene stiegen wir in die nächste Schlucht hinab. Dieser Canyon ist eindrücklich.
Viele tiefe Becken und malerische Flussufer zeigten sich uns. Durch die hohen
Wände liegt jedoch den ganzen Tag Schatten an diesem Ort. Um zum Sektor zu
gelangen muss zweimal der Bach überquert werden. Diese Kneipp-Kur liessen wir
uns nicht entgehen weshalb wir bis zu den Knien im Wasser standen. Bei der
aktuellen Jahreszeit schon ein wenig motiviert. Die Wand sah eindrücklich aus.
Um die riesige Muschel mit vielen Sintern durchzusteigen, müssen jeweils etwa
50 Meter absolviert werden. Mit gefrorenen Zehen kehrten wir zurück auf das
Plateau um die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu geniessen. Auch nach dem
kurzen Anstieg blieben die Zehen kalt. Nach dieser Rundwanderung kam die warme
Dusche gerade recht.
Der Weg über die Hochebene... |
Die ausladenden Dächer des Sektors Las Ventanas sind
eindrücklich. Bereits am ersten Tag versuchte ich mich an der Route „botanics“
(8b). Ein horizontales Dach mit Fussklemmer in luftiger Höhe wirkte aber noch
ein wenig beängstigend. Am dritten Tag in der Route kämpfte ich mich ganze
dreimal hoch um ganz am Ende abzutropfen. Derweilen wurde das Wetter immer
unangenehmer und die nassen Griffe nur unwesentlich trockener. Ein Versuch
blieb mir noch am nächsten Tag. An diesem zog ich durch die rund 40 Moves von
„botanics“ (8b). Die Route abzubauen war dann praktisch genauso anstrengend.
Wegen des drohenden Regentages entschieden wir uns für einen
dritten Klettertag in Folge. Im schönen Sektor Pince sans rire suchten wir
einen sonnigen Platz. Die beiden Routen „akelarre extension“ (8a) sowie
„gracias fina“ (8a) kletterte ich jeweils im zweiten Go und kann ich nur
empfehlen. Deren Steilheit war im Gegensatz zu den meisten Routen entspannend.
Die Route „piton“ welche horizontal durch die Kuppel zieht muss nicht unbedingt
sein. Dort springt man von Henkel zu Henkel welche mit Sika befestigt sind. Dazu
drehen die Bolts und die alten Karabiner knirschen. Dafür haben wir einfach
keine Nerven.
Am letzten Ruhetag kam der Regen. Die ganze Zeit hielt
dieser an und die Temperaturen fielen tiefer und tiefer. Die Wassermenge machte
sich am Tag darauf bemerkbar. Nun mussten wir den Bach mehrmals Barfuss
überqueren. Die Kneipp-Kur wirkte weshalb die Füsse mal froren bevor sie wieder
zu glühen begannen. Bei dieser Wanderung fanden wir in praktisch allen Wänden
neue nasse Flecken. Mist! Nach zwei Stunden herumlaufen blieb uns nur noch der
Sektor Egocentrismo. Die geschichteten Überhänge bieten triviale Kletterei für
Grobmotoriker. Trainingshalber kletterte ich also noch zwei 7c+ und zwei 7c
Routen. Mehr war an diesem Tag schlichtweg nicht möglich. Im Refugio angekommen
fühlten wir uns dann wie nach einem Skitag. Die Wärme des Holzoffen wirkte
beinahe betäubend. Ein letzter Abend im Kalandraka mit der obligaten Runde
Billard rundete diesen Trip ab.
Ganz zu meinem Erstaunen zeigten sich auch bei der Abreise
die öffentlichen Verkehrsmittel als verlässlich. Um 5.30 fuhren wir mit dem
Taxi in Rodellar ab. 12 Stunden später war ich in Büetigen. Jonas nutzte seine
Ferien und reiste weiter nach Margalef. Immer noch ohne Auto wird es ihm dabei
sicherlich nicht langweilig.
Kalandraka |
Fazit:
Auch im Kletterparadies gibt es scheinbar Winter und feuchte
Luft.
Ohne Kreditkarte geht nix.
Spanische Sinter tropfen leider genauso
stark.
Unsere Bizepse sind zu klein und
die Haare zu wenig verfilzt und zum
Geburtstag wünsche ich mir einen Sprachkurs bei der Migros.
Es bleibt die
erfreuliche Nachricht, dass Rodellar zu einem ÖV-tauglichen Gebiet gehört.
Davon gibt es wohl nicht so viele in Spanien.
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