Freitag, 15. Oktober 2021

6.4 Sekunden - Mein erstes Mehrseillängenprojekt in der Fürenwand bei Engelberg!

 0.0 Sekunden, die Idee!


Beim Wintertraining im Boulderraum fragt mich Kathy, ob ich interessiert bin, die Route 6.4 Sekunden im Sommer zu versuchen. Die Idee gefällt mir gut! Vorerst fehlt mir jedoch die Zeit dafür.

0.1 Sekunden, die Zeit läuft…

Juli 2021, der erste Tag und die Begeisterung ist da. Dass die Route 6.4 Sekunden an der Fürenwand auch bei wechselhaftem Wetter kletterbar ist, gibt mir Mut dieses Projekt zu starten. Wie auch, dass es möglich ist die einzelnen Seillängen allein auszuchecken. Mögliche Tage sind begrenzt, die Kletterpartner dafür rar und ein Erfolg sehr ungewiss.

1.0 Sekunden, es macht Spass!

Freunde sind zu begeistern mitzukommen und der Rotpunktdurchstieg der Länge 5 gibt Zuversicht.

Luftiges Abseilen!














2.0 Sekunden, rote Punkte…

Der Rotpunktdurchstieg der Länge 3 zeigt mir, dass die Fortschritte kommen. Nun beschäftigt mich das Projekt gedanklich stark.

Rotpunkt der L3!










Putzen Putzen!













3.0 Sekunden, harte Arbeit!

Das Handling wird optimiert und die Planung konkreter. Nebenbei nähe ich eigene Rope-Protectoren, installiere ein Statikseil und starte das Rebolting der Route mit rostfreiem Material.

Rebolting mit Inox-Ware!

Vorbereitung!




4.0 Sekunden, spezifische Vorbereitung…

Es will nicht klappen erneut in der Fürenwand zu sein. Deshalb trainiere ich in anderen Felsprojekten und mache sogar zwei gezielte Lead-Trainings. Die Ausdauer wird besser und der Wille für Durchstiege ist nun da.

5.0 Sekunden, geteilte Freude!

Tag 6, ein erster Rotpunktversuch mit Kathy, die Form stimmt und wie üblich regnet es. Die 2. Länge verpasse ich nur knapp. Da Kathy jedoch erfolgreich ist, wechsle ich die Rolle und unterstütze sie. Die Freude an ihrem erfolgreichen Rotpunktversuch ist gross und ich motivierter denn je.

Kathy am Abseilen!














6.0 Sekunden, die Route und ich!

Allein in der Wand, die Sonne brennt und ich schwitze. Obwohl das gar nicht meine Bedingungen sind, versuche ich mehrere Male ein einziger dynamischer Zug in der Länge 2. Mit dem Toprope-Solo-Durchstieg der L6 weiss ich nun endgültig, dass nicht mehr viel fehlt. Bis auf das Wichtigste, eine Kletterpartnerin oder einen Kletterpartner.

6.1 Sekunden, gegen die Zeit!

Die Herbstferien in Kroatien stehen an, die letzten Arbeitstage sind gefüllt und ein einziger freier Tag in der Agenda. Aufgegeben habe ich die Suche nach einer Begleitung für den Rotpunktversuch zu Beginn der Woche. Etwas frustriert versuche ich mein Projekt zu vergessen…

6.2 Sekunden, aus dem Nichts…

Mittwochabend, 21.00 Uhr, eine Nachricht und ein langes Telefonat. Ein Kollege ist spontan motiviert für die Unterstützung beim Durchstiegsversuch und diese Chance muss ich nutzen. Aufgeregt packe ich alles und trinke ein Bier, um überhaupt noch einschlafen zu können.

6.3 Sekunden, alles stimmt!

Donnerstag, der 30. September, Tag 8. Engelberg bei Nebel und alle umliegenden Wände nass. Auch die Fürenwand kriegte einiges an Wasser ab. Bei frostigen Temperaturen von unter 10 Grad seilen wir ab, um uns danach auf der Einstiegsterrasse aufzuwärmen. Da die letzten beiden Längen noch nass sind, kann ich in Ruhe auf die Sonne warten. Endlich ist es kalt genug und die Züge fühlen sich leicht an beim ersten Versuch. Zwei weitere brauche ich für den erfolgreichen Durchstieg der Schlüssellänge. Roby jümart schnell und ich bereite mich auf die kommenden Züge vor. Es passt alles und die Längen 3-6 gelingen mir erstaunlich sicher jeweils im 1. Versuch. Nun kommt die mir noch unbekannte letzte Länge. Neben dem abenteuerlichen Gelände ist die Schlüsselstelle nass. Dort tropfe ich im ersten Versuch ab und spüre die müden Arme. Beim folgenden Versuch kämpfe ich mich durch die steile Abschlusspassage und muss mit der Ferse voran auf den Abschlusshenkel, da die Oberarme krampfen. Fertig! Alle 7 Längen Rotpunkt in rund 5 Stunden.

Beste Bedingungen;-)






L2 im Nebel!

Roby die Jümar-Maschine!























Fix und fertig;-)

Im letzten Licht!




6.4 Sekunden, vorbei!

Wieder auf dem Boden stehend,
Gedanken im Winde wehend!
Es ist soweit,
gestoppte Zeit.



Ein grosser Dank gilt allen Freunden, welche sich in die ausgesetzte Wand wagten!



Mit Angie im Nebel!

Üsi Bedingige - mit Mäthu in der Wand!

Julien versucht die L3!













Sowie dem Erschliesser Matthias Trottmann für diese einzigartige und abenteuerliche Route!

Meine persönliche Einschätzung liegt bei insgesamt 8b/+ für die 7. Seillängen (6c, 8b/+, 8a/+, 7c+/8a, 8a, 7c+/8a, 7b).